Samstag, 29. März 2008

Meine Ohren, meine Regeln!

Natürlich möchte ich, unter normalen Umständen, niemandem das Quatschen mit seinen Mitmenschen verbieten (Möchte ich nicht???), aber in Zügen und anderen öffentlichen Verkehrsmitteln gelten andere Regeln.

Nämlich meine!

Und die besagen, dass insofern ich allein unterwegs bin – was manchmal der Fall ist – auch die Menschen auf den Plätzen neben mir ein absolutes Redeverbot haben. Ob sie nun mit mir oder mit anderen Mitreisenden reden ist von sekundärer Relevanz.

Ganz oben auf der Liste der verbalen Unverträglichkeiten sind Gespräche Mitreisender, die weder für meine Ohren bestimmt sind, noch von diesen gehört werden wollen.
Ich hasse es, lautstarken Gesprächen ausgesetzt zu sein, die nicht deutscher Natur sind (vielleicht ist es ja manchmal sogar besser, nichts zu verstehen!) oder sich eines zutiefst sinnlosem und extrem langweiligen Thema bedienen, dass mir während des Zuhörens die Gehörgänge und sämtliche Hirnareale einschlafen, während jedoch das Blut vor Wut zum Kochen beginnt. Ich hasse Gespräche, die sich nicht mal aus voyeuristischer Sicht lohnen, gelauscht zu werden.

Mich interessiert es nicht die Bohne, ob die körperlich sehr massive Frau rechts vor mir ihren Arbeitsamtstermin zum 3. Mal, aus gesundheitlichen Rücken-Gründen, absagen musste, ob die Gruppe frühpubertierenden Gören am Ausgang bereits schon alle Sex mit einem besagten Pascal hatten oder ob das Baby der Dame im schwarzen Ganzkörperschal öfters in die Windel scheißt, als das Wunderkind-Baby der blonden Mittvierzigerin, die es bereits im Alter von 15 Monaten zum „Töpfchenkaken“ kondizionierte.

…und überhaupt, ich Reise nicht, um neue Freundschaften zu knüpfen. Ich habe Freunde, bei Facebook sogar mehr, als ich jemals kennen wollte. Ich muss keine Pseudofreundschaften knüpfen, die nur dem Zeitvertreib von Ort zu Ort dienen.
 Man darf mich zwar freundlich fragen, ob der Platz neben mir frei ist, auch darf man mir „Gesundheit“ wünschen wenn ich niese. Aber das ist dann schon der Gipfel der Gefühle, das absolute Maximum dessen was ich während einer Zugfahrt von Mitreisenden vernehmen möchte. Der Olymp aller Erträglichkeiten ist hier für mich erreicht. Was schlichtweg gar nicht geht, ist wenn Mitreisende versuchen, mir ein Gespräch aufzuzwingen. Es hat keinen etwas zu interessieren, wovon mein Buch handelt, wohin ich fahre, ob ich auch ein Weingummi möchte ebenso wenig möchte ich wissen, wie die Kinder der Frau mit Kopftuch heißen, wie der Auftritt von Mario Barth war oder was mir der Herr mit Stock und Hut über den Klimawandel zu berichten hat Ich sehe mich dann jedoch gezwungen, jedem, der mich anspricht, ein Extragesprächskontingent einzuräumen um ihm mit den Worten „nix deutsch“ klar zu machen, dass jede weitere Kontaktaufnahme mit mir keinen Sinn macht! Wenn mein Gegenüber jedoch hübsch oder charismatisch ist, schenke ich ihm eines dieser Lächeln, die meine Boshaftigkeit besänftigen sollen.
…. Haben die denn alle kein Schamgefühl? Und keine Pietät?
Drei Plätze weiter telefoniert eine Frau stundenlang mit einem kleinen Kind oder einem ziemlich begriffsstutzigen Erwachsenen. Ich warte auf den nächsten Netzausfall – warum soll es der Dame am Telefon besser gehen als mir? Nichts da. Ihr Netz hält, was mein Mobilfunkanbieter verspricht.

Ich bin weiterhin ihren Stimmen ausgesetzt. Kennt ihr das, wenn aus dem Nachbargarten das Motorsägengeräusch ohrenbetäubend in dein Hirn eindringt, wenn der Untermieter frühmorgens seinen Bohrer durch sämtliche Wohnwände jagt oder die Feuerwehr am ersten Samstag des Monats ihre penetrante Sirene heulen lässt? Ja! Man wird ein Sklave dieser Ohrvergewaltigungen und kann nichts dagegen tun.

Und in diesem Moment überlege ich ernsthaft, mir die Hände auf die Ohren zu pressen und ganz laut Kinderlieder zu singen.

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