Mittwoch, 22. April 2015

Orphan

„Ich komme gleich wieder, mein Kleiner!“
Hallt täglich noch schmerzhaft im Ohr;
Aus tiefstem Gedärm meines Körpers,
steigt Schmerz und Trauer empor.

Dein Haar so lang und so golden,
verschwindet im Schnellschritt am Flur.
Ich riech‘ noch den Duft deines Abschieds...
"Mami, wohin gehst du denn nur?"

Bilder verschwimmen in Farben,
in Tränen verliert sich dein Bild,
meinen Teddy im Arm lass ich fallen,
mein Puls pocht erschrocken und wild.

In Trance hör‘ ich Fremde die rufen,
„hör‘ auf Kind, beruhig dich, halt still!“
Ich spüre den eiskalten Boden,
auf den ich zerschmettern mich will.

Ein harter Schlag stoppt mein Schreien,
der Schmerz erstarrt innerlich;
Beruhigung schießt durch die Venen,
gefesselt, ergebe ich mich.

„Ich komme gleich wieder, mein Kleiner!“
Die Worte der Hoffnung, so leer.
Rotschimmernde Lippen, die logen,
Die Wahrheit ertragen, schmerzt sehr.

Ich warte auf dich, liebste Mama!
Täglich, seit Jahren, am Flur;
Du sagtest: „Ich komme gleich wieder!“
Mama, wo bleibst du denn nur?

(aus dem Waisenhaus-Tagebuch eines 9-Jährigen)

(April 2015) © Gedichte/Poems by Monika C. Schmid

Freitag, 3. April 2015

Sand auf meinen Lippen

Sand auf meinen Lippen,
die Lider schwer und lahm.
Auf mir liegt die Sonne,
wie ein Liebhaber, so zahm.

Ich spür‘ der Sonne Atem,
feucht, wild und lodernd heiß,
umhüllt den ganzen Körper:
Im Diamantenglanz, der Schweiß.

Sand durch meine Finger,
umspielt die off'ne Hand,
Die Haut bebt vor Begierde.
Wie ein Feuerbett, der Sand!

Des Windes frische Briese,
weht sorglos durch mein Haar,
liebkost mich, schmust und streichelt;
Befreiend! Wunderbar!

Die Seele baumelt achtlos
im Himmel sanft umher;
Der Körper spürt die Welle,
als trieb‘ ich hinaus aufs Meer.

(April 2015) © Gedichte/Poems by Monika C. Schmid

Donnerstag, 2. April 2015

Lass mich

Lass mich
dich einatmen,
und sprich aus meinem Mund;
Deine Stille schreit sich heiser,
dein Herz, zittert sich wund.

Lass mich
dich umarmen,
und fließ in mich hinein,
seh‘ die Welt durch meine Augen,
noch einmal, den Sonnenschein.

Lass mich
dich begleiten,
und geh in meinen Schuh’n,
der Beine Knochen schmerzen,
sie können nichts, als ruh’n.

Lass mich,
dich erleichtern,
und schlürfen aus deinem Schmerz,
Den Pein der Seele leeren;
Komm, öffne mir dein Herz!

Lass mich
in Stücke mich reißen!
Ich verteil‘ mich am Boden vor dir.
rüst‘ dich mit meinen Gaben,
und lebe weiter in mir!

(April 2015) © Gedichte/Poems by Monika C. Schmid

Ausländerkind