Samstag, 13. März 2021

Ganz normale Gedanken

zu Coronamüdigkeit und gelernter Hilflosigkeit

Bildquelle: Pixabay

Wir Menschen handeln immer aus einem bestimmten Grund heraus. Wir nennen das Motiv. 

Die Motivation ist also der Antrieb, der aus den Motiven heraus entsteht, ein bestimmtes Verhalten zu zeigen. Hier unterscheiden wir zwischen einer „intrinsischen“ und einer „extrinsischen“ Motivation.

„Intrinsische Motivation“ ist, wenn Menschen, sogar nachts, an roten Ampeln stehen bleiben, auch wenn kein Auto kommt. Menschen, die wiederum nur dann bei Rot stehen bleiben, wenn ein Auto kommt oder ein Polizist in der Nähe ist, handeln aufgrund „extrinsischer Motivation“.

Seit nun genau einem Jahr Corona zeigt sich, dass die intrinsische Motivation der Menschen stark nachlässt. Viele Menschen fangen an, sich nur noch an die Regeln zu halten, wenn sie überwacht werden. Wir tragen die Maske, weil wir sonst Strafe zahlen müssen. Wir gehen nicht zu zweit zu Oma und Opa ins Haus, weil uns die Nachbarn vielleicht verpfeifen könnten. Wir geben beim Gesundheitsamt an, wir wüssten nicht, wo wir uns angesteckt hätten, weil der Fußballabend mit den Jungs strafbar wäre…

Doch warum verhalten wir Menschen uns nun so? Weil wir nach monatelangen Einschränkungen, ob wir sie nun nachvollziehen und verstehen können, oder nicht – das Gefühl bekommen, dass sich an der Lage ohnehin nichts ändert, egal wie wir uns verhalten.

In der Psychologie nennen wir sowas: „gelernte Hilflosigkeit“. Hierbei haben wir drei mögliche Arten zu reagieren: Entweder wir werden depressiv, wir werden aufsässig oder wir lassen es laufen!

Wenn ich mich so, in meinem Freundes- und Bekanntenkreis, umsehe, stelle ich fest, dass alle drei Ausprägungen zum Vorschein kommen und sich über die Zeit hinweg massiv zu verstärken scheinen.

Zu welchem Reaktionsmuster hat es mich denn getrieben? Despression, Rebellion oder Apathie? Ich kämpfe mich täglich mit allen drein rum und versuche eine Balance zu schaffen, die mich durch den Tag trägt.

Sozialpsychologisch ist aber eines klar: „Eine Gesellschaft funktioniert nur dann, wenn die Menschen bereit sind, sich freiwillig an die Regeln zu halten. Das setzt voraus, dass man von den Regeln überzeugt ist.“

Und Hand aufs Herz! Sind wir das denn noch?

Verstehen wir noch die Regeln? Nein? Und warum? Weil sie keinen Sinn mehr machen!

Ich will uns Beispiele an dieser Stelle ersparen, ich glaube jedes Kind könnte mittlerweile ein Lied davon singen.

Problematisch für unsere psychische Gesundheit ist zudem die „verschobene Verantwortung“ der Politik auf die Gesellschaft. „Wir beobachten, wie sich der Inzidenzwert entwickelt, wenn er fällt, lockern wir, wenn nicht, lassen wir alles zu!“, das zeigt doch eindeutig, dass seit einem Jahr die Verantwortung allein auf das Individuum geschoben wird.

Wenn es also nicht besser wird, haben wir uns nicht genug zusammengerissen???

Wir sind also in jedem Fall schuld daran, dass wir Corona nicht besiegen. Und somit zieht sich der Staat mit all seinen feinen Politikern aus der Verantwortung, nichts, auch rein gar nichts Effektives zur Corona Bekämpfung zeitnah und effizient vollbracht zu haben.

Ich erinnere an dieser Stelle an die Werbung, in der ein Kind sagt: „…ich wasche meine Hände, damit Oma und Opa gesund bleiben!“ WHAT? Wie kann man Kindern diesen unglaublich großen und schweren Schuh der Verantwortung anziehen, den er niemals tragen kann und vor allem sollte. Im Umkehrschluss bedeutet das noch nichts anderes, als die Tatsache, dass wenn Oma oder Opa an Corona gestorben sind, ich -Kind - schuld daran bin, weil ich meine Hände nicht richtig gewaschen habe! Grausam diese Bürde, die dem Kind hier unterschwellig aufgetragen wird.  

Wie soll das alles nur weitergehen?

Wann und wie hört diese Pandemie denn nun auf?

Erfahrungsberichte der Geschichte zeigen, dass es zwei Wege gibt, wie eine Pandemie endet. Medizinisch oder sozial.

Das medizinische Ende kommt dann, wenn ein Großteil der Bevölkerung die Infektion überstanden hat oder durch die Impfung immun ist.

Das soziale Ende jedoch, findet in unseren Köpfen statt. Wir werden Corona-müde. Die Angst vor der Krankheit nimmt ab, die Aufmerksamkeit lässt nach, andere Themen gewinnen wieder an zentraler Aufmerksamkeit, wir nehmen die Einschränkungen nicht mehr vollends hin, wir trauen uns wieder mehr und mehr aus dem unsichtbaren Käfig der Politik heraus und lernen, mit der Krankheit zu leben.

Oder doch nicht? 

M.C. Schmid