Dienstag, 11. März 2025

Die Kunst des Geschichtenerzählens

Wie du dein Leben erzählst, bestimmt, wie du es erlebst.

Stell dir vor, du sitzt an einem lauen Sommerabend draußen, vielleicht auf einer Veranda, vielleicht an einem kleinen Tisch in einem Café. Vor dir ein Glas Wein oder eine dampfende Tasse Tee. Die Luft ist erfüllt vom Summen der Nacht, irgendwo in der Ferne erklingt leise Musik.

Ein Freund lehnt sich vor, schaut dich an und fragt: „Erzähl mal – wie war dein Leben bisher?“

Du hältst einen Moment inne. Holst tief Luft. Und dann? Welche Geschichte erzählst du?

Erzählst du von den großen Momenten, vom Mut, den du aufgebracht hast, von den Begegnungen, die dein Herz berührt haben? Oder erzählst du von den Zeiten, die wehgetan haben, von den Dingen, die hätten anders laufen sollen?

Vielleicht ist dein Leben eine Mischung aus beidem. Doch die eigentliche Frage ist:

Wie erzählst du es dir selbst?


Die Geschichte deines Lebens – und wie du sie neu erzählen kannst

Manchmal fühlt sich das Leben an wie ein Buch mit Seiten, die jemand durcheinandergeworfen hat. Ereignisse scheinen keinen Zusammenhang zu haben, Wendungen fühlen sich unfair an. Doch dann, irgendwann, wenn du zurückblickst, erkennst du, dass sich aus den losen Kapiteln eine Geschichte formt. Deine Geschichte.

🔹 Ein Abschied, der das Herz gebrochen hat – war vielleicht der Anfang von etwas Neuem.
🔹 Eine Niederlage, die dich niedergeschlagen hat – hat dich vielleicht stärker gemacht.
🔹 Ein Fehler, über den du dich geärgert hast – war vielleicht der Lehrer, der dir den besten Rat fürs Leben gab.

Nicht das, was passiert ist, sondern wie du es erzählst, macht den Unterschied.

Und genau hier beginnt die Magie.


Warum Erzählen heilt

Unser Gehirn liebt Geschichten. Es sucht nach Zusammenhängen, nach Sinn, nach Struktur. Und das gilt auch für unser eigenes Leben. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass Menschen, die ihre Vergangenheit in einem positiven, sinnerfüllten Narrativ erzählen, resilienter sind, zufriedener leben und sogar gesünder sind.

1. Die Geschichte, die du dir selbst erzählst, beeinflusst deine Zukunft

Stell dir zwei Menschen vor, die beide ihren Job verlieren.

Der eine sagt: „Das war’s. Ich habe versagt.“
Der andere sagt: „Vielleicht ist das genau die Chance, die ich brauchte, um etwas zu finden, das wirklich zu mir passt.“

Wer von beiden hat wohl bessere Chancen, neu anzufangen?

Unsere innere Erzählung entscheidet darüber, ob wir aus Rückschlägen wachsen oder in ihnen gefangen bleiben.

2. Das Erzählen hilft, Schmerzen zu verarbeiten

Jeder von uns trägt Wunden aus der Vergangenheit. Dinge, die wir nicht verstehen, Verluste, die uns verändert haben. Doch wenn wir über sie sprechen oder schreiben, ordnen wir sie in eine Geschichte ein.

Psychologen haben herausgefunden, dass Menschen, die regelmäßig Tagebuch schreiben oder über belastende Erlebnisse reden, diese Erlebnisse besser verarbeiten können.

Es ist, als würde das Chaos in unserem Kopf plötzlich einen Rahmen bekommen – eine Bedeutung.

3. Geschichten verbinden uns

Hast du schon einmal erlebt, dass jemand dir seine wahre Geschichte erzählt – ohne Maske, ohne Schönfärberei?

Dann weißt du, wie kraftvoll das sein kann.

Wenn wir ehrlich über unser Leben sprechen, bauen wir Brücken zu anderen. Wir zeigen, dass wir nicht allein sind, dass wir alle Höhen und Tiefen erleben. Und manchmal reicht eine geteilte Geschichte, um jemand anderem Hoffnung zu geben.

4. Dein Rückblick am Ende des Weges

Irgendwann sitzen wir vielleicht als ältere Menschen auf einer Bank, die Hände in den Schoß gelegt, die Sonne im Gesicht. Wir schauen zurück auf unser Leben.

Und was fühlt sich dann besser an?

👉 „Ich habe Fehler gemacht, aber sie haben mich wachsen lassen.“
👉 Oder: „Ich hätte so vieles anders machen sollen…“

Es ist nicht die Vergangenheit selbst, die über unsere Zufriedenheit entscheidet – es ist unsere Sichtweise darauf.


Erzähle deine Geschichte neu

Kennst du Menschen, die viel erlebt haben und trotzdem Frieden mit ihrer Vergangenheit gefunden haben? Menschen, die selbst in schweren Zeiten Licht sehen?

Sie haben nicht zwangsläufig ein perfektes Leben gehabt. Sie haben nur ihre Geschichte so erzählt, dass sie Sinn ergibt, dass sie stärkt, anstatt zu schwächen.

Und das kannst du auch.

🖊 Welche Geschichte erzählst du dir selbst?
🔍 Wie wäre es, wenn du sie aus einer neuen Perspektive betrachtest?
🌱 Welche Bedeutung gibst du deinen Erfahrungen?

Vielleicht ist dein Leben kein Drama, sondern eine Heldenreise.

Vielleicht bist du nicht gescheitert, sondern gewachsen.

Vielleicht ist dein nächstes Kapitel nicht das Ende, sondern ein wundervoller Neuanfang.

Denn am Ende zählt nicht nur, was passiert ist – sondern wie du es erzählst.

Und das nächste Kapitel? Das liegt in deiner Hand.


Text: Monika C. Schmid 

Bild: Canva

 

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