Mittwoch, 20. Dezember 2017

7 Minuten Umkleidekabine

Bildquelle: http://messe-io.de/category/maedchenflohmarkt/
Sie (nicht ich) strich schnell ihren Mantel von den Schultern und schlüpfte eilig aus ihrem (nicht meinem) blauen Kleid. 

Ein Blick auf die Uhr zeigte, dass sie (nicht ich) nicht mehr viel Zeit hatte. "Schnell, schnell, noch genau 7 Minuten" murmelte sie, während sie (nicht ich) in ein viel zu weites Etuikleid aus blassblauem Lederimitat hineinschlüpfte. "Mist, zu groß, das nächste, schnell" dachte sie (nicht ich) eilig. Raus und rein ins nächste Cocktailkleid, aus schwarzer Spitze mit kleinen kupfernen Applikationen. "Kake, ich seh einfach nur Kake darin aus". Enttäuscht riss sie (nicht ich) sich auch dieses Kleid vom Leibe und ließ es auf dem Boden der Umkleidekabine fallen. Im Roten sah sie (nicht ich) auch irgendwie komisch aus, und das Graue ...., das war zu grau :( Die Zeiger der Uhr schlugen Alarm. 

"Mist, ich muss los! Beeil dich!" schrie sie (nicht ich) in Gedanken ihr (nicht mein) Spiegelbild erschrocken an. Die Haare, standen elektrisiert zu Berge, die Brille hing schief.... Der Kajal, ...wieso muss man ihn in den Innenseiten der Augenwinkel immer abtupfen?
Am Boden lagen 3-4 Kleider, sie (nicht ich) stieg storchengleich drüber. Das Feinstrickkleid wollte sie (nicht ich) erst gar nicht mehr probieren und das mit dem Bubikragen...oh Gott, viel zu bieder. Sie (nicht ich) will nicht bieder sein.
Die Uhr tickte. Noch bevor ihr (nicht mir) der Stressschweiß aus den Poren schoss, entglitt sie (nicht ich) auch dem letzten Kleid, das wir ein nasses Handtuch auf dem Boden landete.
"Mist, Mist, Kakmist! Heut passt aber auch gar nichts!"
Gestresst zog sie (nicht ich) sich (nicht mir) die Strumpfhose zurecht, zuppelte schnell an den zerwühlten Haaren, und sah auf die Uhr. "Fuuuuuuck!" in 5 Minuten beginnt der nächste Termin.
Panik!
Schnell, alle Kleider vom Boden, dem Stuhl, der Ablagefläche zusammengeknödelt und auf einen Haufen über die Ankleidestange geworfen. Gehetzt und fast schon atemlos schlüpfte sie (nicht ich) in ihren (nicht meinen) Mantel. Ein schneller Knoten in den Gürtel, die Aktentasche über die Schulter, die Brille hoch geschoben und ab die Post. 

Mit rasenden Schritten und einem hypnotisierenden Blick auf die Uhr verließ sie (nicht ich) übereilig das Modegeschäft. "Mist, noch 4 Minuten, das schaffe ich nie!" schrie sie gedanklich durchs ganze Dez. Ihre (nicht meine) Stöckel schlugen im Gleichklang mit dem Sekundenzeiger. 
An der Bäckerei vorbei, das Schuhgeschäft im Augenwinkel noch wahrgenommen, am Schmuckladen vorbeilaufend spiegelte sie (nicht ich) sich dann plötzlich im Schaufenster. 

Der Schock ihres Lebens heizte sie (nicht mich) panisch ein. Ihr Herz (nicht meines) stockte. Der halb geöffnete Mantel, der durch einen schnellen Knoten des Gürtels knappe Einblicke gewährte, zeichnete das Blau ihres Kleides nicht mehr ab. "Mein Kleid! Wo ist mein Kleid"?
Tick Tack... noch 1 Minute bis zum nächsten Termin. 

In Gedanken suchte sie (nicht ich) panisch nach ihrem Kleid und fand es mitten drin, im Kleiderhaufen der Umkleidekabine. Wie gelähmt blieb sie (nicht ich) stehen. Tick tack. Die Sanduhr war abgelaufen. 

"Das ist doch ihr Kleid, oder?" Sie (nicht ich) blickte auf, in zwei lachende Augen. "Ja" flüsterte sie (nicht ich) beschämt, griff schnell danach und schob es sich rasch in die Aktentasche. Blicke links und rechts checkten gekonnt die Lage.

Sie (nicht ich) entschied sich bei dem folgenden Termin für ein Beratungsgespräch mit hoch geschlossenem Mantel. Warum auch nicht? Es ist ja schließlich Winter draußen.

Monika C. Schmid

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