Donnerstag, 18. April 2024

Ausländerkind

nach (m)einer wahren Begebenheit


Mein erster Schultag in Deutschland

- 6. Klasse -

irgendwo im Bayerischen Wald

"Grüß Gott", fröhlich lächelnd und voller Spannung streckte ich meinen Kopf zur Klassenzimmertür der 6a hinein. Eine Hand von hinten legte sich auf meinen Rücken und schob mich weiter in den Raum. Augenblicklich drehten sich tausend kleine Köpfe um und starrten mich aus weit geöffneten Augen an.

"Guten Morgen", sagte die Lehrerin und kam mir entgegen. Die Hand, die mich hineinschob, löste sich von meinem Rücken und ging auf die Lehrerin zu, übergab ihr einen Zettel, sprach in Flüsterstimme mit ihr und verließ den Raum.

"A-u-f-w-i-e-d-e-r-s-e-h-e-n H-e-r-r W-o-l-f-r-a-m", ertönte ein melodischer und im Schnarchtempo gesprochener Sprachchor.

Ich sah mich um, alle Köpfe waren noch mir zugewandt, alle Augen starrten mich weiterhin an. Ich spürte ihre Blicke, sie trafen mich - anders als ich es mir vorgestellt hatte. Wie hatte ich es mir denn vorgestellt? Ich wusste es nicht. Aber eines war sicher: nicht so! Flüsterstimmchen erfüllten den Raum. Flüsterstimmchen begleitet von Mimiken und Gestiken, die ich nicht positiv deuten konnte. Eine, mit bunten Armbändern behängte Mädchenhand zeigte auf meine Hausschuhe, und die Gruppe Mädchen um diese Hand herum brach in ein unterdrücktes Gelächter aus.

"Ruhe!" hallte es durch den Raum. "Ruhe habe ich gesagt!" folgte strenger nach. Totenstille! Nur mich anstarrende Augen und nach oben gezogenem, höhnisch verformtem Mundwinkel!

"Kinder, das ist unsere neue Schülerin Monika. Sie kommt aus Rumänien und wird ab heute in unsere Klasse gehen. Monika ging in Rumänien in einer deutschen Schule und Deutsch ist auch ihre Muttersprache. Monika, setz dich bitte hier vorne, neben Jacqueline."

"Nein!", unterbrach ein aufgeregtes Stimmchen, während das Mädchen ihre Schultasche schnell auf den leeren Stuhl stellte. "Na, niemals!", sagte sie eindringlich und schüttelte wild den Kopf.

"Na gut", sagte die Lehrerin augenverdrehend und deutete auf einen leeren Stuhl zwischen zwei Mädchen, in Fensternähe. Augenblicklich rückten diese zusammen, während eine sich meldete: "Aber Frau Lederer, mei Mama hot gsagt, i muss nicht neba solchene Ausländern sitzen, wenn i des ned wui!"

"Mei, hod - gsagt - neba - solchane?", wiederholte ich in Gedanken diese komisch ausgesprochenen Worte und fragte mich innerlich, ob ich hier wirklich in einer deutschen Schule bin.

Die Lehrerin blickte auf, sah über ihre tief liegende Lesebrille hinweg und überlegte lange, bevor sie sagte: "Du kannst zu Hause tun und lassen, was deine Mama sagt! Hier entscheide ich!" Sie wandte ihr Gesicht zu mir, lächelte mich an und sagte freundlich: "Monika, setz dich doch bitte zwischen Marie-Luise und Katharina!"

Mit kleinen Schritten zwängte ich mich zwischen die Tische hindurch, und das Gelächter hinter mir, neben mir, vor mir - rundherum - wurde immer lauter und zischender. Das Gelächter drang in meine Kleidung, unter meine Haut, in mein Gedärm. Es tat weh!

In meinen Gedanken ging ich meine Körpercheckliste durch, um jegliche möglichen Peinlichkeiten meines Ichs auszuschließen: Hosen Tor: zu. Nasenpopel: nein. Schweißflecken: negativ. Meine Augen versuchten, den gesamten Raum zu erfassen, der nichts als Geflüster und Gelächter, Hohn und Spott in sich verbarg.

Ich setzte mich zwischen diese beiden Mädchen, und schon zischte es von links: "Wehe, du klaust mir was, ich sag dir, Madl!", und von rechts: "Was ist na des für a grauslicher Pullover? Hod den etwa dei Oma im Weltkrieg gstrickt?". Der Junge vor mir drehte sich plötzlich um und sah mich lächelnd an. Ich lächelte verlegen zurück. Plötzlich wurde er ganz ernst und sagte zischend: "Brauchst dir fei gar nichts einbilden, i würd niemals mit so ner stinkenden Ausländerinnen gehn!" Ich drehte meinen verwirrten Kopf von links nach rechts, von vorne nach hinten, von überall erntete ich boshafte Drohungen und missbilligende Blicke. Ich fühlte mich sehr schlecht, beschämt, ja sogar bedroht und verstand die Situation gar nicht, weil ich auch nicht diese Sprache richtig verstand.

Wo bin ich hier nur, und warum? Ich habe doch niemanden etwas Böses angetan. Wieso hassen mich denn hier alle vom ersten Augenblick an, noch bevor sie mich kennen? Ich weinte innerlich. Alles in mir wehrte sich gegen das Sitzen zwischen diesen beiden Hyänen.

Ein Zettelchen erreichte mich: "Drecks Ausländerkind!" Ich zerknüllte ihn wieder und schnippte ihn mit meinen Fingern quer über Marie-Luises Tisch in eine fremde Schultasche. "Drecks Ausländerkind", hallte es danach noch in meinem Kopf wie durch ein Megaphon.

Ich legte meine Hände auf dem Tisch und beobachtete, wie sehr sie zitterten. Dabei fiel mir die Klassenmöbel auf, und die hallenden Worte in meinem Kopf verschwanden schnell wieder.

In Rumänien waren unsere Schultische spröde, bemalt, uralt und ungepflegt. Ich saß nun auf diesem schönen, glattgeschliffenen Stühlchen und strich sanft über die glatte, saubere Tischauflage. Wow, wie sauber, dachte ich mir. Plötzlich traf mich, sehr schmerzhaft, ein Papierflieger mitten ans Kinn, und jemand rief: "Ha, ich lach mich grod deppert! Schaut eich a mal die Blede da o, die liebkost unsere Tische! Die hat wohl noch nie an Tisch geseng, wos? Fresst ihr dahoam vom Boden, ha?!" Tosender Trommelwirbel auf den Tischen und boshaftes Gelächter durchbrachen die Stille des Raumes.

"Ruhe!" rief Frau Lederer.

Ich schluckte die Tränen hinunter, atmete sie wieder zurück, bevor sie meine Wangen berühren konnten. Mein Atem wurde immer flacher, meine Unterlippe zitterte um ihr Leben. Ich spürte, wie ich meine Zähne zusammenpressen musste, um nicht loszuschreien. Ich versank in ein tiefes Koma der Verzweiflung. Ich glaube, ich muss lange Minuten so dagesessen haben, ohne zu denken, zu atmen, ja, ohne zu existieren. Ich habe mich einfach aus dieser Welt weggedacht.

"Na Kinder, weiß das wirklich niemand? Das haben wir doch alles letzte Woche tausendmal durchgenommen!" Immer lauter drang plötzlich die Stimme der Lehrerin in meine Ohren. "Also nochmal: Wo liegt der Unterschied zwischen Aktiv und Passiv? Na? Niemand?"

Ohne zu überlegen, schoss meine Hand automatisch in die Höhe und wurde sofort aufgerufen. Als ich zum Antworten aufstand und mich kerzengerade neben meine Bank zu stellen versuchte, brach erneut ein missbilligendes Gelächter aus. "Was tut na die da, Frau Lederer? Meint die etwa, dass die bei da Bundeswehr is, oder wos?" sagte der hübsche Junge vor mir, sich vor Lachen krümmend.

Ich stand da und verstand mit meinen 11 Jahren den ganzen Aufruhr um mich nicht. Ich wurde doch zum Antworten aufgerufen. Ich tat ja nichts anderes. Also antwortete ich trotzdem: "Frau Lehrerin", sagte ich mit kapitalistischer und eintöniger Stimmmelodie: "Das Aktiv betont, wer etwas tut. Ist die handelnde Person oder Sache das Subjekt des Satzes, dann steht das Verb im Aktiv", machte einen freundlichen Knicks und fragte freundlich, ob ich mich wieder hinsetzen dürfte. Die Totenstille, die während meiner Antwort einzog, hielt noch lange an. Sowohl bei allen Schülern als auch bei meiner neuen Lehrerin. Weil mir niemand das Hinsetzen erlaubte, blieb ich militärisch stehen.

"Häää, was is na a Suubiiääkt, Frau Lederer? Oder so a W-e-r-b?" fragte ein Mädchen mit wunderschönen und leuchtend bunten Haarbändern im Haar, während sie ihr Gesicht beim Buchstabieren der Fremdwörter so sehr verzog, dass ich laut lachen musste. Augenblicklich sahen mich Millionen Augen wütend an. Nur Frau Lederer lächelte, ging zu ihrem Schreibtisch und setzte sich mit einer halben Pobacke darauf. So viel Coolness und Lockerheit hatte ich von einer Lehrkraft noch nie erlebt. "Monika", sagte sie lächelnd, "du darfst dich jetzt ruhig wieder hinsetzen."

Es gongte zur Pause. Ich schnappte mir meine Brotzeit und ging mit der Herde mit. Es war Winter, draußen lag hoher Schnee, und wir blieben in der Pausenhalle. Egal welchem Grüppchen ich mich näherte, spürte ich den kalten Wind der Ablehnung. "Naaa, schleich di, i derf niad mit Ausländern spielen!" oder "I hob gehert, dass alle Ausländer ansteckend sind!" oder "Iiiigittt, du stinkst gewaltig! Habt ihr in Rumänien koa heißes Wasser?" oder "Geh wieder dahin, wost herkimmst. Keiner hat dich hergeholt!"

Mein Herz weinte! Mein Hirn verstand diese Reaktionen nicht. Mein Magen stülpte sich. Mein Blut kochte. Ich schlenderte alleine durch die Pausenhalle und beobachtete alle spielenden Kinder. Einsam im Paradies!

"Darf ich auch mitspringen?" hörte ich mich erneut fragen. Neben einem Pfosten spielten ein paar Mädchen Gummihüpfen. Ein Mädchen, sehr groß und ziemlich dick, ein weiteres Mädchen mit einem pickeligen Gesicht und Zwillinge, blond mit dünnen lockigen Haaren, wobei eine der beiden im Rollstuhl saß. Sie war viel kleiner als die andere, trug sowohl eine Brille als auch zwei Hörgeräte und saß halb schräg in ihrem Rollstuhl. Irgendwie waren ihre Beine auch nicht gleichlang, und ein Schuh hatte die Form von einem Bügeleisen.

Die Mädchen sahen mich alle an. Die Zwillinge und das dickere Mädchen gingen in meine Klasse. Das Mädchen im Rollstuhl lächelte mich an und sagte "Hallo!"

"B-b-bitte?" stotterte ich.

"Halle, derft du mitmacha! Geh umma, nachad bist du dro, okay?", sagte sie sehr freundlich und richtig erfreut.

"Entschuldige bitte, ich dachte, du sprichst Deutsch!", sagte ich verwirrt. Daraufhin sprach ich lauter in die Gruppe hinein: "Spricht hier eine von euch Deutsch? Könnt ihr mich verstehen?"

Plötzlich ging das Gelächter los, laut und lauter. Aber dieses Mal war es ein herzhaftes und herzerwärmendes Lachen! "Hallo, wir sprechen Deutsch. Das ist ja nur b-a-y-e-r-i-s-c-h! Verstehst du?", erklärte sie mit einem Lächeln.

Ich stieg ins Gelächter mit ein, wir kugelten uns vor Lachen. Das dickere Mädchen grunzte sogar. Und in diesem wunderbaren Augenblick fand ich meine ersten vier Freundinnen in Deutschland: Lisa und Eva, Karin und Petra.

Tja, und mit dem Gong kam auch Marie-Luise, meine boshafte Banknachbarin zu uns herbeigeschritten. Sichtlich genervt von unserem guten Klima, vielleicht auch genervt über die anderen, weil sie mit mir sprachen, ja sogar mit mir lachten. Marie-Luise, die Klassensprecherin, die Mädchengang-Anführerin und die legendäre Jungsköpfeverdreherin. Sie kam, ihren Hintern schwungvoll schwenkend, mit ihren langen Locken durch die Lüfte wirbelnd und mit ihrer Zahnspange knirschend.

"Du da, du stinkendes Ausländerkind! Verpiss dich schleunigst zurück nach Budapest in dein stinkendes Rumänien, steig zurück auf deine Palmen, du Polakensau!" Ich weiß nicht, ob ihre Worte schlimmer waren oder die Art und Weise, wie sie es sagte. Sie benutzte eine Art Hochdeutsch mit einem sehr künstlichen russischen Akzent, ja schon fast lächerlich peinlich, es anzuhören.

Alle Kinder hatten sich um uns versammelt und stimmten ihr im Beifall zu. Sie blickte links und rechts, suchte und bekam ihre Anerkennung, lächelte und streifte sich mit glitzerigen Fingernägeln die schönen Haare aus ihrem hübschen Gesicht.

"Was lachst na du etz so sau bled?" fragte sie plötzlich verunsichert, als ich mir das Lachen nicht mehr verkneifen konnte. Wahrscheinlich hatte sie ja nicht mit dieser Reaktion gerechnet.

Ich ging auf sie zu und sagte: "Erstens stinke ich nicht, ich dusche täglich. Zweitens bin ich keine Ausländerin, sondern eine Aussiedlerin. Drittens ist Budapest die Hauptstadt von Ungarn und nicht von Rumänien. Viertens ist Rumänien ein europäisches Land, und dort wachsen keine Palmen. Und fünftens sitzt eine Polakensau sicherlich in einem Stall in Polen und kommt nicht von Rumänien nach Deutschland. Und jetzt leck mich am Arsch, du eingebildete Kuh, und lerne lieber Subjekt und Prädikat zu buchstabieren! In der Klasse habe ich eine Weltkarte gesehen, such erst mal Deutschland, und dann darfst du noch mal mit mir reden!"

Das Gelächter im Raum verschwand. Die lachenden Gesichter wurden ernst. Alle Kinder gingen schweigend und beschämt in ihre Klassenzimmer.

Das war`s. Es war vorbei!

Ich war frei - frei in Deutschland neu anzufangen. Frei, ich zu sein. Frei von Anfeindungen! Nie wieder hat mich jemand "Ausländerkind" genannt, nie wieder so behandelt.

... und Marie-Luise? Wer war schon Marie-Luise?

Montag, 15. April 2024

Klangvolle 24 Stunden – ein musikalisches Fest für die Sinne!

 

24 Stunden Konzert
13. - 14. APRIL 2024 - PFARRKIRCHE ST. VITUS 18:00 Uhr - 18:00 Uhr

Bildquelle: Hubert Zaindl

Wow, welche musikalische Reise Burglengenfeld erleben durfte!!!

24 Stunden lang schien die Zeit in der Pfarrkirche St. Vitus in Burglengenfeld stillzustehen, während die Töne von Gospel über Jazz bis hin zu Pop und Rock die Luft erfüllten.

Die Kirche verwandelte sich für genau 24 Stunden, in einen wahren Schmelztiegel musikalischer Genres und präsentierte eine beeindruckende Auswahl talentierter Künstlerinnen und Künstler – ein absoluter Hotspot für Musikliebhaber!

Die Künstler und Künstlerinnen traten zu festen Zeiten gemäß des Programmplans auf, und den Besuchern stand es frei, sich ganz nach Belieben die Auftritte ihrer Wahl anzusehen, 24 Stunden lang.

Ein Höhepunkt des Events waren zweifellos der kunterbunte Gospelchor und die Kinder- und Jugendchöre St. Vitus unter der Leitung von Hubert Zaindl. Nicht nur die mitreißende Musik und die tolle Liederauswahl sondern auch die beeindruckende Stimmgewalt und die ansteckende Feierlaune der Chormitglieder machten ihre Darbietungen zu einem unvergesslichen Erlebnis.

Von SaxAttack über Modern Fireworks bis hin zu Herrengedeck mit Dame - jede Vorführung war eine Offenbarung für die Sinne.

Von gefühlvollen Gesangseinlagen von Liz & Oli oder Finest Day, die die Zuschauer in ferne Welten entführten, bis hin zu den inspirierenden Auftritten von Solokünstlern wie Uli Groeben oder dem aufstrebenden Talent Noah Krebs, der sein Publikum auf eine nächtliche Reise durch Gedanken und Gefühle mitnahm und mit seinen Worten eine Atmosphäre tiefen Nachdenkens schuf – war diese 24-Stunden-Musikreise ein wahres Fest für die Sinne und bot für jeden Geschmack etwas Passendes.

Die Mädchenkantorei der HfKM verzauberte das Publikum mit ihrer klaren Stimme und emotionalen Tönen auf wundersame Weise. Eine ungewöhnliche Kombination aus den „Dein Song 2024 (KiKa)“ Kandidaten Creelixon aka Felix, Marc Boye und der gefühlvollen Solokünstlerin Lauzia aka Paula brachte frischen Wind und neue Töne in die Kirche. Während ihrer Darbietung verwandelten sie die Kirche in ein pulsierendes Festival, das Aufsehen erregte und sowohl jung als auch alt in seinen Bann zog. Die mitreißende Performance von Dominik (bekannt aus „The Voice Kids“ SAT1) und Sabine war ein wahrer Höhepunkt des Konzerts. Ihr Duett entführte die Zuhörer auf eine emotionale Zeitreise durch die Musikgeschichte.

Die Blas- und Musikkapellen boten allesamt, mit ihren mitreißenden Melodien und kraftvollen Klängen, eine beeindruckende Vorstellung voller musikalischer Raffinesse und Energie und verliehen der Veranstaltung eine außergewöhnliche Note. Das Zusammenspiel von sakraler Atmosphäre und dynamischer Blasmusik war für viele Zuschauer ein faszinierendes Erlebnis und trug dazu bei, dass die Veranstaltung ein großer Erfolg wurde.

Die Möglichkeit zum "offenen Singen" unter der raffinierten Leitung von Hubert Zaindl rundete das Erlebnis ab, indem das Publikum aktiv in das Geschehen eingebunden wurde und anschließend gemeinsam textsicher und stimmgewaltig den Abschlussgottesdienst mitgestalten durfte.

Diese 24-Stunden-Musikreise war im wahrsten Sinne des Wortes ein wahrhaftiges Fest für die Sinne und zeigte die beeindruckende Vielfalt der lokalen Musikszene. Es war eine gelungene Mischung aus Talent, Vielfalt und Gemeinschaftsgeist.

Die Idee, einen solchen 24-Stunden-Musikmarathon zu veranstalten, verdient höchstes Lob. Es war nicht nur ein musikalisches Ereignis, sondern auch eine Hommage an die Vielfalt der Musik und die Gemeinschaft, die sie schafft. Der hohe Besucherandrang und die Begeisterung der Besucher und Mitwirkenden zeugen von der Beliebtheit dieses Konzepts und sind ein deutliches Zeichen dafür, dass ein solches Musikmarathon-Event zukünftig einen festen Platz im Kalender vieler Musikliebhaber finden könnte.

Kollektive Anstrengung und Herzblut, Leidenschaft und eine harmonische Zusammenarbeit aller Akteure dieses Events haben dazu geführt, dass dieses 24-Stunden-Konzert zu einem solch außergewöhnlichen Erfolg wurde.

24 Stunden klangvoller Einflüsse haben gezeigt, dass die Vielfalt der Musik die einzigartige Fähigkeit besitzt, Menschen jeden Alters und Hintergrunds zu vereinen und unvergessliche Erinnerungen zu schaffen, deren Einfluss weit über das Ereignis hinausreicht.

Monika C. Schmid

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P.S.: Wie vermutlich viele andere Konzertbesucher konnte auch ich leider nicht das gesamte 24-Stunden-Programm in vollen Zügen genießen und jeden einzelnen Auftritt miterleben. Denn zwischendurch musste auch ich einige Pausen einlegen, um zu essen und zu schlafen – wie bestimmt viele andere Zuschauer auch. 

Daher konzentriere ich mich in meinem Bericht hauptsächlich auf die Darbietungen, die ich persönlich erlebt und genossen habe. Das bedeutet jedoch nicht, dass die nicht erwähnten Künstlerinnen und Künstler nicht ebenfalls großartige Auftritte hingelegt haben. Sie stehen bereits auf meiner Liste für das nächste Mal, denn ich möchte keine weitere Gelegenheit verpassen, ihre Musik zu erleben!

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Weitere Eindrücke, Rezensionen, Fotos, Videos und Meinungen zum 24-Stunden-Konzert könnt ihr auf der Facebookseite der Kirche St. Vitus Burglengenfeld finden.


 

Donnerstag, 3. August 2023

Durch die Blume gesagt

Ich wusste nicht was mir blühte, als ich zu wachsen begann und jedes Wort das fiel, landete stets auf der Goldwaage.

Täglich saß ich auf dem Präsentierteller in der Falle. Obwohl ich im goldenen Käfig gefangen war und auf heißen Kohlen saß, ging mir der Arsch auf Grundeis.

Die Schmetterlinge in meinem Bauch logen mir täglich das Blaue vom Himmel und die Zeit wusste damals noch nicht, dass sie Wunden heilen kann.

Ich langweilte mich zu Tode und wollte nicht länger eine ruhige Kugel schieben. Bevor mir der Kragen platzte und ich aus meiner blassen Haut fuhr,  machte ich mich lieber eines Tages aus dem Staub. Ich legte die Karten auf dem Tisch, fasste ein Reiseziel ins Auge, packte meine Koffer und schweifte in die Ferne. Gott sei Dank, reiste ich mit leichtem Gepäck. Leicht wie eine Feder, da ich gerne ein leichtes Spiel habe und das ja bekanntlich leichter gesagt als getan ist. Leichtfüßig zog ich zunächst rastlos umher doch dann brauchte ich eine Verschnaufpause, ich brauchte dringend Rast und Ruh. Mit einem Brett vorm Kopf und wenig Holz vor der Hütte lag ich also gechillt im Gras bis es über die Sache wuchs.

Ich hatte wirklich großen Mut, das Weite zu suchen. Ich machte drei Kreuze, fasste mich an die eigene Nase und schlüpfte unter dem Pantoffel heraus, unter dem ich - mit Tomaten auf den Augen – stand. Ich hatte mir schon als Kind gewünscht, ich hätte dort sein können, wo der Pfeffer wächst, um in der Versenkung zu verschwinden.

Und heute war es soweit: Ich habe den Blick nach vorne gerichtet, neue Horizonte entdeckt und ein neues Kapital aufgeschlagen. Ich weiß, die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt und manchmal schreibt das Leben eben seine ganz eigenen Geschichten.  Alles kann sich von einem Moment auf den anderen ändern und es kam tatsächlich anders als gedacht.

Just, als ich dachte am Ziel meiner Träume angekommen zu sein, nach meiner lange Suche nach Glück, fiel ich plötzlich aus allen Wolken direkt in die Höhle des Löwen. Er öffnete mir die Türe wie ein guter Gastgeber. Da sah es aus wie Kraut und Rüben und ich merkte schnell, dass mit dem Löwen nicht gut Kirschen essen war. War er etwa nicht der König der Tiere oder war ich tatsächlich auf dem Holzweg? Hatte mir jemand Steine in den Weg gelegt? Ich kam vom rechten Weg ab und fand einen Apfel, der viel zu weit vom Stamm fiel. Um meinen Hunger zu stillen, musste ich wohl oder übel, in den sauren Apfel beißen, weil die Trauben viel zu weit oben hingen. Da hatten wir nun plötzlich den Salat und die Suppe musste ich dann wohl doch alleine auslöffeln. Etwas lag mir im Magen. Obwohl wir scheinbar auf derselben Wellenlänge schwammen, wovon ich ein Lied singen kann, lag nur in der Kürze die Würze. Ich fühlte mich hier gar nicht wohl und wollte sofort die Flucht ergreifen. Ich schmückte mich rasch mit fremden Federn, in der Hoffnung nicht erkannt zu werden, wenn ich die Flinte ins Korn werfe, um das Weite zu suchen. 

Ich fühlte mich so gar nicht wohl in meiner Haut und wollte nicht um den heißen Brei herumreden. Darum zwang ich mich ein Fass aufzumachen und allen anderen, besonders aber mir, reinen Wein einzuschenken. Leider hatte er nicht mehr alle Tassen im Schrank. Dennoch hatte er etwas auf dem Kasten. Ich klopfte auf Holz und plötzlich ging mir ein Licht auf. Das war wohl gar nicht der Löwe im Käfig, sondern der Wolf im Schafspelz. Schlau wie ein Fuchs zog ich mich gekonnt aus der Affäre. Ich legte einen Zahn zu, denn er machte mir den Hof und wollte mir offensichtlich auf den Zahn fühlen. So gab ich mir den Laufpass und richtig Zunder. Ich suchte das Weite! So fluchtartig das Feld zu räumen war die beste Idee meines Lebens. Ich machte mich also heimlich aus dem Staub und war auf und davon.

Doch kaum war ich weg, versank ich in Einsamkeit und war traurig wie ein verlorenes Kind. Doch während ich wie ein Schlosshund heulte, fiel mir plötzlich ein Stein vom Herzen. Ich sah hinab und sah schon die Spitze des Eisbergs. Etwa das Sahnehäubchen? War ich also schon unter der Haube?

Weg damit, ich musste einen kühlen Kopf bewahren, gelassen bleiben und die Ruhe selbst sein. Ruhig versuchte ich auf dem Teppich zu bleiben und nicht ständig auf dem Schlauch zu stehen. Erst hatte ich diesen Kloß im Hals, bekam dann doch schnell einen grünen Daumen. Unerwartet lief mir auch noch die Galle über. Ich musste das Ruder wieder selber übernehmen und mein Schiff wieder auf Kurs bringen, bevor ich über Bord gehe und das sinkende Schiff verlasse. 

Gott sei Dank habe ich das Handtuch nicht geworfen, denn eine unverhoffte Wendung tat sich mir plötzlich auf. Bei genauem Hinsehen fiel mir auf, dass meine Besten Freunde, Hinz und Kunz, mit Kind und Kegel im selben Bott wie ich saßen. Sie sahen aus wie Sodom und Gomorra und steckten wohl beide unter der gleichen Decke. Ich gab diesen beiden Affen Zucker, damit sie ihn sich gegenseitig in den Arsch blasen können. Das Boot fuhr direkt in die Hölle und wir kamen in Teufels Küche an. Dort schoben wir uns auf die lange Bank und mussten erst mal Tee trinken und abwarten. Wir hatten Hunger wie ein Bär und weil es nichts gab, mussten wir uns etwas aus den Fingern saugen und uns Honig ums Maul schmieren. Dann zogen wir uns genüsslich durch den Kakao.

Während im Anschluss eine Hand die andere wusch, fiel es uns wie Schuppen von den Augen: Hier ging es um die Wurst.

Plötzlich pfiff etwas aus dem letzten Loch und ich fing wie wild an, nach dessen Pfeife zu tanzen. Leider hatte ich von Tuten und Blasen keine Ahnung. Der freche Oskar kam hinzu und wollte nur etwas aus dem Nähkästchen plaudern. Da er kein Blatt vor dem Mund nehmen konnte, fiel er Hals über Kopf vom Regen in die Traufe und fuhr aus der Haut. Ich lachte mir nach Strich und Faden so Pi mal Daumen ins Fäustchen.

Man sagte mir, ich solle mich am Riemen reißen, denn ich sei hier nicht die Prinzessin auf der Erbse. Sie zeigten mir die Zähne. Ich war durch den Wind, ja sogar zu Tode betrübt. Ich, die kein Wässerchen trüben kann, die keiner Fliege was zu Leide tut. Ich sollte den Rand halten? Ich konnte ihnen kein Paroli bieten. Ich machte mir fast ins Hemd. Mir platzte der Knoten und so ließ ich endlich die Katze aus dem Sack.  

Ich nahm Anlauf, sprang über meinen Schatten, nahm die Beine in die Hand und zog meinen Schwanz ein. Die Kirche ließ ich im Dorf, rannte um mein Leben und war erneut auf der Flucht. Ich sah den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr und ging mühsam über viele Eselsbrücken. Mir kam es spanisch vor, denn alle Wege waren sehr nah am Wasser gebaut und führten nach Rom. Müde ging ich mir langsam auf dem Keks. Ich musste aufpassen, nicht ins Fettnäpfchen zu treten.

Plötzlich hatte ich einen Ohrwurm, eine Laus lief mir über die Leber und ich fühlte mich wie gerädert. Mein Kopf rauchte. Ich hatte wohl Lampenfieber.

Ich hatte leider keine Steine mehr im Brett und zog die goldene Arschkarte. So fing ich an, den Teufel an die Wand zu malen, was eine richtige Sisyphusarbeit war.

Schwuppdiwupp schob ich mir etwas in die Schuhe, weil einer der Schuhe drückte und ging weiter, immer schön im grünen Bereich. Trotzdem bekam ich kalte Füße.

Endlich kam ich an ein Häuschen und bekam sofort einen Fuß in die Tür. Es war zwar noch nicht aller Tage Abend, dennoch wurde ich hundemüde, haute mich aufs Ohr und schlief wie ein Murmeltier auf Rosen gebettet. Ich schüttelte mir einen schönen Traum aus dem Ärmel und legte die Hand aufs Herz.

"Je später der Abend, desto schöner die Gäste" sagte der Hausherr Adam Riese und reichte mir endlich das Wasser.


Text: M. C. Schmid

(eine überarbeitete Version, August 2023)


Foto:pixaby

Freitag, 30. April 2021

Meine Angst

 

ein Podcast 

zum Wachbleiben

geschrieben von Monika C. Schmid
gelesen von Jack Ruler

Dienstag, 27. April 2021

Nur ein Mal umarmen



Ich träumte heut Nacht, ich hätt dich umarmt,

im Lichte der Straßenlaterne.

Ich fühlte die längst vergessene Kraft,

wenn ich mein Herz an deinem erwärme.

 

Die Arme geöffnet, die Körper noch scheu,

erwachten mit jeder Berührung.

Der Herrgott allein, wurde Zeuge heut Nacht,

der sehnsuchtsvollen Verführung.

 

Die Akkus der Herzen, luden sich auf,

der Mundschutz am Ärmel gebunden.

Atem traf Atem,

Haut steifte Haut

und heilte die seelischen Wunden.

 

Es sei ein Verbrechen, so bläut man uns ein.

Doch der Herrgott wird sich sicher erbarmen.

Ich wollte nichts Böses, ich tu keinem weh.

Ich wollt dich nur ein Mal umarmen.


M. C. Schmid 

Samstag, 13. März 2021

Ganz normale Gedanken

zu Coronamüdigkeit und gelernter Hilflosigkeit

Bildquelle: Pixabay

Wir Menschen handeln immer aus einem bestimmten Grund heraus. Wir nennen das Motiv. 

Die Motivation ist also der Antrieb, der aus den Motiven heraus entsteht, ein bestimmtes Verhalten zu zeigen. Hier unterscheiden wir zwischen einer „intrinsischen“ und einer „extrinsischen“ Motivation.

„Intrinsische Motivation“ ist, wenn Menschen, sogar nachts, an roten Ampeln stehen bleiben, auch wenn kein Auto kommt. Menschen, die wiederum nur dann bei Rot stehen bleiben, wenn ein Auto kommt oder ein Polizist in der Nähe ist, handeln aufgrund „extrinsischer Motivation“.

Seit nun genau einem Jahr Corona zeigt sich, dass die intrinsische Motivation der Menschen stark nachlässt. Viele Menschen fangen an, sich nur noch an die Regeln zu halten, wenn sie überwacht werden. Wir tragen die Maske, weil wir sonst Strafe zahlen müssen. Wir gehen nicht zu zweit zu Oma und Opa ins Haus, weil uns die Nachbarn vielleicht verpfeifen könnten. Wir geben beim Gesundheitsamt an, wir wüssten nicht, wo wir uns angesteckt hätten, weil der Fußballabend mit den Jungs strafbar wäre…

Doch warum verhalten wir Menschen uns nun so? Weil wir nach monatelangen Einschränkungen, ob wir sie nun nachvollziehen und verstehen können, oder nicht – das Gefühl bekommen, dass sich an der Lage ohnehin nichts ändert, egal wie wir uns verhalten.

In der Psychologie nennen wir sowas: „gelernte Hilflosigkeit“. Hierbei haben wir drei mögliche Arten zu reagieren: Entweder wir werden depressiv, wir werden aufsässig oder wir lassen es laufen!

Wenn ich mich so, in meinem Freundes- und Bekanntenkreis, umsehe, stelle ich fest, dass alle drei Ausprägungen zum Vorschein kommen und sich über die Zeit hinweg massiv zu verstärken scheinen.

Zu welchem Reaktionsmuster hat es mich denn getrieben? Despression, Rebellion oder Apathie? Ich kämpfe mich täglich mit allen drein rum und versuche eine Balance zu schaffen, die mich durch den Tag trägt.

Sozialpsychologisch ist aber eines klar: „Eine Gesellschaft funktioniert nur dann, wenn die Menschen bereit sind, sich freiwillig an die Regeln zu halten. Das setzt voraus, dass man von den Regeln überzeugt ist.“

Und Hand aufs Herz! Sind wir das denn noch?

Verstehen wir noch die Regeln? Nein? Und warum? Weil sie keinen Sinn mehr machen!

Ich will uns Beispiele an dieser Stelle ersparen, ich glaube jedes Kind könnte mittlerweile ein Lied davon singen.

Problematisch für unsere psychische Gesundheit ist zudem die „verschobene Verantwortung“ der Politik auf die Gesellschaft. „Wir beobachten, wie sich der Inzidenzwert entwickelt, wenn er fällt, lockern wir, wenn nicht, lassen wir alles zu!“, das zeigt doch eindeutig, dass seit einem Jahr die Verantwortung allein auf das Individuum geschoben wird.

Wenn es also nicht besser wird, haben wir uns nicht genug zusammengerissen???

Wir sind also in jedem Fall schuld daran, dass wir Corona nicht besiegen. Und somit zieht sich der Staat mit all seinen feinen Politikern aus der Verantwortung, nichts, auch rein gar nichts Effektives zur Corona Bekämpfung zeitnah und effizient vollbracht zu haben.

Ich erinnere an dieser Stelle an die Werbung, in der ein Kind sagt: „…ich wasche meine Hände, damit Oma und Opa gesund bleiben!“ WHAT? Wie kann man Kindern diesen unglaublich großen und schweren Schuh der Verantwortung anziehen, den er niemals tragen kann und vor allem sollte. Im Umkehrschluss bedeutet das noch nichts anderes, als die Tatsache, dass wenn Oma oder Opa an Corona gestorben sind, ich -Kind - schuld daran bin, weil ich meine Hände nicht richtig gewaschen habe! Grausam diese Bürde, die dem Kind hier unterschwellig aufgetragen wird.  

Wie soll das alles nur weitergehen?

Wann und wie hört diese Pandemie denn nun auf?

Erfahrungsberichte der Geschichte zeigen, dass es zwei Wege gibt, wie eine Pandemie endet. Medizinisch oder sozial.

Das medizinische Ende kommt dann, wenn ein Großteil der Bevölkerung die Infektion überstanden hat oder durch die Impfung immun ist.

Das soziale Ende jedoch, findet in unseren Köpfen statt. Wir werden Corona-müde. Die Angst vor der Krankheit nimmt ab, die Aufmerksamkeit lässt nach, andere Themen gewinnen wieder an zentraler Aufmerksamkeit, wir nehmen die Einschränkungen nicht mehr vollends hin, wir trauen uns wieder mehr und mehr aus dem unsichtbaren Käfig der Politik heraus und lernen, mit der Krankheit zu leben.

Oder doch nicht? 

M.C. Schmid 

Dienstag, 24. März 2020

Mein verrücktes Leben und ich


und wieso ich nicht zum Trübsal blasen gemacht bin. 


Als ich 3 Jahre alt war…
kam ich in Quarantäne!
Vierzehn Tage lang, denn ich hatte Gelbsucht.
Alleine! Ohne meine Eltern oder einen Menschen, der mir nahe war.

Rumänien, Spätwinter, Kommunismus. Kinderkrankenhaus für isolierpflichtige Erkrankungen mit hohem Ansteckungsrisiko. Desolate Zustände: ein Zimmer, 5 Betten, 9 Kinder, ein Klo für die ganze Station, überfordertes Pflegepersonal.

Ich wiederhole, ich war 3 Jahre alt. Morgens gab es Toastbrot mit Tee, mittags Kartoffelpüree mit Klumpen, warm. Abends, Kartoffelpüree mit Klumpen, kalt.

Ich wurde ein Mal in dieser Zeit gebadet, von Dana, einem 10-jährigen Mädchen, mit der ich mir das Bett teilte. Dana hatte lange schwarze Haare und ein Muttermal am Kinn. Dana vergaß mich dann die ganze Nacht in der Badewanne. Ich saß bis zum Morgengrauen im eiskalten Wasser. 
Meinen Eltern war Betreten des Krankenhauses verboten!  An den Toren hingen schwere Schlösser.

Meine Eltern bestachen die Ärzte und Krankenschwestern mit Kaffee, Schokolade, Orangen und Bananen aus Deutschland. Ab diesen Moment hörte das Krankenhauspersonal auf, mich zu schlagen.


Als ich 5 Jahre alt war…
fiel ich aus einem fahrenden Auto auf die Bundesstraße.

Wir waren alle baden und fuhren wieder heim. Meine Großeltern, ein grünes Auto und 8 nasse Kinder auf der Rücksitzbank. Ohne Anschnallgurt, ohne Klamotten, in Badehosen, auf einer Decke.

Im Radio lief rumänische Volksmusik und die Stimmung war heiter. Wir legten uns in die Kurven wie echte Bobfahrer. Linkskurve. Rechtskurve. Linkskurve. Woom! Die Autotüre ging auf, ich fiel aus dem Auto hinaus, die Autotür ging wieder zu, das grüne Auto verschwand am Horizont. 

Ich knallte auf den Beton und blieb dort liegen!

Quietschende Reifen. Ein LKW kommt. Der LKW -Fahrer trägt eine Mütze. Wieso, es ist doch Sommer. Der LKW dreht sich um 180 Grad. Wieso stinkt es hier so verbrannt? Schmerzen! Jetzt steht der LKW schräg neben mir. Schmerzen! Wieso weine ich nicht! Schwarz. Alles Schwarz.

Dann, wieder hell, irgendwann. Ich höre mich atmen. Ich fühle die Schmerzen. 
Ich lächle. Ich freue mich. Omi hat mal erzählt, erst wenn man tot ist, hat man keine Schmerzen mehr. Doch mir tut alles weh.



Als ich 7 Jahre alt war…
hatte ich eine ziemlich lange Verhandlung mit Gott. 

„Ich habe alles getan, was in meiner Macht stand, den Rest erledigt der liebe Gott!“, sagte der verschwitzte Arzt im Unterhemd zu meinen Eltern, als er den OP verließ. 
Ich lag da drin, im OP- Saal. 
Ich und der liebe Gott und wir verhandelten um mein Leben. 

Ich kam mit einem Blinddarmdurchbruch samstagnachts in die Notaufnahme.
Kein Arzt war da! Kein Anästhesist. Nur ein paar Schwestern. Der Arzt sei beim Fischen, die OP wird auf Montag verschoben.  
Stunden später katastrophale Blutwerte, Telefonate, eilige Schritte, verwirrte Blicke, schnelles Atmen, Panik unter den Schwestern.

 „Das Kind muss operiert werden, sonst überlebt sie die Nacht nicht," erklärte jemand meinen Eltern.
Blutvergiftung. Der Doktor muss seinen Angelausflug unterbrechen. Er kommt. Aber es ist immer noch kein Anästhesist da, er ist im anderen OP. Egal, Notlösung? Ja, Notlösung.

Ich werde an die Hand genommen und in den OP gebracht. Der Steinboden unter meinen nackten Füßen ist eiskalt. Ich zittere. Da liegt jemand auf einem Tisch. Wieso liegt da jemand auf einem Tisch? Oh, es ist ein Junge. Da ist ein Arzt mit einer Maske. Es ist sehr laut. Er hat eine Säge. Was macht er da? Eine Schwester nimmt mich auf dem Arm und führt mich dahin. Ich kann es sehen. Dem Jungen werden gerade beide Beine abgesägt. Schwarz! Schwindel! Alles wird dunkel und dumpf um mich herum. Zumindest brauchte ich keinen Anästhesisten mehr.

Danach folgten 2 Wochen Intensivstation in desolaten Zuständen eines rumänischen Kinderkrankenhaus zu Zeiten des Kommunismus. Meinen Eltern war das Betreten der Intensivstation strengstens verboten. Sie fanden andere Wege, sie waren schlau. 

Meine Eltern bestachen die Ärzte und Krankenschwestern mit Kaffee, Schokolade, Orangen und Bananen aus Deutschland. Ab diesen Moment fing das Krankenhauspersonal damit an, mich wie einem Menschen zu behandeln.




Als ich 10 Jahre alt war…
flogen Hubschrauber über unserem Haus und beschossen die Welt unter ihnen.
Die Welt, auf der ich lebte!

1989, Dezember. 10 Tage lang durfte wir das Haus nicht verlassen, aus Angst erschossen zu werden.

„Geh weg vom Fenster!“, mein neuer Name in diesen Tagen, dabei wollte ich doch nur die Hubschrauber sehen und die bunten Funken, um sie herum.

Eine Kette von Demonstrationen, Unruhen und blutigen Kämpfen fanden in ganz Rumänien statt, insbesondere in meiner Heimatstadt, Sibiu. Soldaten mussten auf ihresgleichen schießen. Bruder, Mutter, Freund, Nachbar. Panzer überrollten jeden, wer sich ihnen in den Weg stellte. 
Die Revolution des Volkes führte zum Sturz und zur Hinrichtung unseres Diktators N. Ceausescu  und zum lang ersehnten Ende des realsozialistischen Systems in Rumänien.






Als ich 34 Jahre alt war…
hatte ich 7 Wochen absoluter Bettarrest. 

In der 25. Schwangerschaftswoche ging ich, für eine Untersuchung, ins Krankenhaus und kam 7 Wochen lang nicht mehr da raus. 

Ich durfte nicht gehen, nicht stehen, nicht sitzen – nur liegen.  Ich betone: nur LIEGEN.
Liegen bei allen menschlichen Bedürfnissen und Aufgaben, die man als noch lebender Mensch so hat. Ich betone, ich lag flach, ganze 7 Wochen, 50 Tage, 1.200 Stunden. 


heute werde ich 41 Jahre alt, ...
und ich habe seit genau 10 Tagen das Haus nicht mehr verlassen.

Ein unsichtbarer Feind hat sich wie ein Lauffeuer über unseren Planeten erstreckt und wir erleben gerade einen historischen, angstmachenden Moment, in dem die Zukunft ihre Richtung ändert.
Und schon wieder bin ich dabei, mit blankem Nichtstun -Zuhausebleiben- die Zeit weitmöglich auszusitzen.



Niemand hat gesagt, dass das Leben einfach sein wird.
Manchmal ist es ein richtiges Miststück, aber meistens ist es doch so wunderschön.

Und jetzt sitze ich da, an meinem Geburtstag, und blicke auf meine MoniVita zurück. Ein Stolperstein nach dem anderen, liegen auf meinem Lebenspfad zerstreut. Dazwischen aber auch viele bunte Blumen, harmonische Klänge, farbenfrohe Winde, strahlender Sonnenschein und wunderbare Wegbegleiter.

Stolpersteine haben wir alle im Leben. Große, kleine, eckige, runde.... doch liegt nicht der größte Sieg im Leben darin, wieder aufzustehen, anstatt liegen zu bleiben?

Jetzt erst recht! Steht auf!

Blickt zurück auf eurem langen Pfad durchs Leben, sucht nach den Stolpersteinen, die ihr bereits überwunden habt. Reiht alle zusammen, Stein für Stein, und baut euch daraus eine Brücke, eine Mauer, eine Festung, ja einen zweiten Boden.
Baut euch das Nötige, um die derzeitige Krise unseres Planten gesund überstehen zu können. Nutzt eure Blumen, eure Klänge, den Sonnenschein und eure liebevollen Beziehungen und alles, was eurer Leben sonst noch lebenswert macht und rüstet euch mit all diesen Ressourcen, für die Krise, die wir gegenwärtig zu bewältigen haben.

Wir können mehr, als wir denken!



Ein Vogel hat niemals Angst davor, dass der Ast unter ihm brechen könnte.
Nicht weil er dem Ast vertraut, sondern seinen eigenen Flügeln. (unbekannt)



Bleibt gesund! - Bleibt stark! - Bleibt Zuhause!

Eure Monika 


M.C.Schmid 



Ausländerkind