Freitag, 13. Januar 2017

Mein Land weint

Mein Land weint!
Und meine Seele
taumelt stumm im fernen Land.
Kann nicht sprechen,
kann nicht denken,
spüre nur den Seelenbrand.

Mein Land weint!
Doch hier ist Frieden,
und ich weiß nicht wer ich bin.
Kenn mich selber gar nicht wieder.
Ich komm mir nicht mehr in den Sinn.

Mein Land weint!
Doch ich muss lernen
in der Welt zu Haus zu sein.
Teil mein Heim mit vielen Fremden,
trotzdem bin ich ganz allein.

Mein Land weint!
Ich sitz im Sprachkurs,
„integrier‘ dich - Bösewicht!“
Schreien Blicke, die mich streifen,
Angst vor mir, man kennt mich nicht.

Mein Land weint!
In seiner Erde,
liegt begraben all mein Blut.
Meine Mama im Haus verschüttet,
Ihr Kleid, zerfetzt, in Asche und Glut.

Mein Land weint!
Ich weine mit ihm!
WhatsApp Bilder würgen mich,
zeigen meine kleinen Brüder
schwarz verbrannt, im Bombenlicht.

Mein Land weint!
Und Klagelieder
kratzen meine Seele wund.
Heimweh nach beschütztem Leben.
Entwurzelt nun bis auf dem Grund.

Mein Land weint!
Und Mamas Schreie
hallen noch durch mein Gebein.
Halten meinen Geist in Schrecken,
werden immer in mir sein.

Mein Land weint!
Es fleht nach Frieden,
und mein Kopf dreht sich im Kreis.
Nächtelang kann ich nicht schlafen,
ich sterbe langsam und ganz leis.

Mein Land weint!
Erstickt in Nebel,
der verdammten Bombenmacht!
Mein Land weint!
Denn es hat selber
sich ganz grausam umgebracht.

(Januar 2017)
© Gedichte/Geschichten - Monika C. Schmid

Das Gedicht ist nach wahren Begebenheit, aus meiner Arbeit mit minderjährigen, unbegleiteten Flüchtlingen, entstanden.

Der Titel "Mein Land weint" ist das Ergebnis eines Musik-Projektes von minderjährigen Flüchtlingen an der Musikakademie in Alteglofsheim.

Quelle Bild: Die Zeit Online
Ein Kind läuft nach einem Bombenangriff der syrischen Luftwaffe durch die zerstörten Straßen von Aleppo. © Rami Zayat/Reuters

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Ausländerkind